Suroyo TV: Nach langem Schlaf mit einer neuen Partei aufgewacht!


Gestern, am 11. Juli, 125 Tage nach den Unruhen in Syrien wurde in den Nachrichten auf Suroyo TV das Manifest einer frisch gegründeten Partei verlesen. Von dieser ist bis jetzt nur der Name bekannt: „Gabo d’huyodo Suryoyo d’Souria“ (Syrian Syriac Union Party).

Nicht alle Assyrer/ Suryoye sind für das Regime. Genauso wie es Syrer gibt, die in Syrien, Europa, oder Amerika für Al-Assad auf die Straße gehen, sein Bild hochheben und ihn als Beschützer verehren, gibt es auch viele, die gegen dieses System sind. Die ADO (Assyrisch Demokratische Organisation) ist schon seit Jahren Mitglied der „Damaskus Deklaration“ – eine Vereinigung der syrischen Oppositionskräfte. Die ADO gilt als einzige Organisation unseres Volkes, die innerhalb Syriens oppositionell tätig ist. Aber auch außerhalb der ADO sind viele Assyrer dem Regime kritisch eingestellt.
Nach den ganzen Unruhen im Land, war es für mich vorhersehbar, dass sehr bald weitere Organisationen die Seiten wechseln werden; sei es als Akzeptanz der Realität oder auch aufgrund des hoffnungslosen Wartens auf die versprochenen Reformen. An sich ist es für mich legitim, dass sich eine neue Partei formiert, auch wenn deren Deklaration im Bezug auf Syrien genau das widerspiegelt, was bei einer schon vorhandenen Partei seit Jahren proklamiert wird. Ich weiß, dass nicht jeder Assyrer/Suryoyo sich mit jedem unserer Namen identifizieren will. Dies habe ich gelerrnt zu akzeptieren. Außerdem, entspricht der Inhalt der gestrigen Deklaration meiner Einstellung zum syrischen Regime.
Mag auch sein, dass es sich dabei gar nicht um die Namensthematik handelt, denn in der Politik gibt’s bekanntlich verschiedene Richtungen und Einstellungen, das gehört zu einer Demokratie und ist deshalb ein positives Zeichen. Auch schließe ich aus, dass "Gabo d’huyodo Suryoyo b’Lebnon", also die gleichnamige Partei im Libanon hinter dieser Partei steckt, die Art und Weise, wie darüber berichtet wurde spricht nicht dafür. 

Dennoch werfen sich für mich einfach zu große Ungereimtheiten auf:

1. Die syrische Baath-Regierung ist in einer kritischen Phase. Die Opposition hat den Dialog mit dem Präsidenten boykottiert, und er versucht sich gerade eine Opposition ganz nach seinen Wünschen und seinem Geschmack zu schaffen. Einer Baath-Ideologie traue ich mittlerweile alles zu. Eine altbekannte Methode, die sich für dieses Regime bewährt hat, war es stets Marionetten schaffen, zu erziehen und einzusetzen. Die heutige Struktur der syrischen Gesellschaft singt ein Lied davon! Dabei waren oft die Minderheiten und deren „Vertreter“ die bestgeeigneten Figuren für dieses Spiel.

2. Die Tatsache, dass diese Neuigkeit ausgerechnet auf Suroyo TV verkündet wurde.
Seit Beginn der Unruhen ist damit das erste wirklich regimekritische Wort auf diesem Sender gesprochen worden. Suroyo TV, ein Medium, das innerhalb einer extrem panarabischen Diktatur wie Syrien solche Sendeprivilegien hat, wovon die Medien anderer nichtarabischen Minderheiten nur träumen können, kann nur treu zum Regime sein. Berichte über baath-kritische Vorgänge innerhalb des assyrischen Volkes – und davon gab es einige - wurden nie auch ansatzweise angesprochen. Am 20. Mai 2011 wurde der Sitz von ADO in Zalin (Kamishli) von syrischen Sicherheitskräften sabotiert. 13 Mitglieder des Politbüros wurden verhaftet. Diese Nachricht war Schlagzeile in vielen arabischen und internationalen Medien. Dutzende Anwälte, ob Moslems oder Christen, haben sich freiwillig gemeldet, um die Verhafteten nach dieser provokanten Aktion zu verteidigen. Suroyo TV (FrosHezwo d’amo Suryoyo Othuroyo Kaldoyo) hat kein einziges Wort darüber verloren! 
Ein junger Assyrer namens Yacoub Hanna Shamoun wurde 1985 im Alter von 22 Jahren ohne Prozess und ohne Urteil in ein berüchtigtes damaszener Gefängnis verschleppt und sitzt bis heute in Haft. Seit 2001, der Zeitpunkt des ersten Lebenszeichens, wurde mehrmals versucht an ihm heranzukommen und ihn herauszuholen. Sowohl australische und schwedische Politiker als auch das Europaparlament widmeten sich diesem Fall. Seit zwei Monaten versuchen viele assyrische Jugendliche auf Facebook und im Internet allgemein, die Öffentlichkeit für seinen Fall zu gewinnen. Mehrere Anfragen wurden an Suroyo TV gesendet, vergeblich.Eine Antwort blieb aus! Für mich demonstriert dies die Ignoranz des Senders gegenüber kritischen Stimmen wie auch gegenüber den richtigen Problemen syrischen Minderheiten, damit die Propaganda des Regimes, sich als Beschützer von Minderheiten zu präüsentieren, weiterleben kann.

Solch eine „Unionspartei“, die unter solchen Umständen sich auf dem sogenannten „Unionssender“ präsentiert und bekannt macht, hat bei mir keine Glaubwürdigkeit, und ich rate jedem davon ab, sich in irgendeiner Art und Weise dieser neu gegründeten Pseudo-Oppositionspartei anzunähern bis sich bestätigt, wer hinter ihr steckt und was sie wirklich ist. 
Gerade jetzt brauchen wir Klarheiten und klare Linien, mehr als je zuvor. Ob gewollt oder nicht, Syrien wird sich einem Veränderungsprozess stellen. In der Gestaltung dieses Prozesses liegt unsere Chance.

Shlome Lebonoye
Assyrian Blogger!

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